Über Milton H. Erickson, moderne Hypnose und die MEG
Milton Erickson
Die Arbeit des amerikanischen Psychiaters Milton H. Erickson (1901-1980), der als der bedeutendste Praktiker und Lehrer der modernen Hypnotherapie angesehen werden kann, ist in den letzten 40 Jahren im deutschen Sprachraum immer bekannter geworden.
Inzwischen sind auch die gesammelten Werke von Erickson ins Deutsche übersetzt, und es finden regelmäßig große Tagungen und Kongresse zur Hypnose statt, die - neben anderen Hypnosegesellschaften - großenteils von der Milton H. Erickson Gesellschaft (M.E.G. e.V. München) organisiert werden.
Erickson entwarf eine Vielfalt origineller Lösungsstrategien (strategischer Ansatz) und bereicherte das therapeutische Interventionsrepertoire ganz wesentlich durch seine hypnotherapeutischen Ansätze.
Sein eigentliches Genie bestand wohl darin, klientenspezifische Persönlichkeitseigenschaften, Fähigkeiten, Lebenserfahrungen und Erinnerungen als therapeutische Ressourcen in kurzzeittherapeutischen Verfahren so zu aktivieren, dass sie dem Klienten zur Realisierung seiner eigenen Ziele wirkungsvoll verhelfen (Utilisationsansatz). Man kann seine Methode vielleicht beschreiben als: "Alles zu nutzen, was hilft"!
Erickson's Würdigung des Menschen als einzigartiges Individuum setzte er um, indem er für den therapeutischen Prozess nutzte, was immer der Klient in der Sitzung anbot oder in die Praxis "mitbrachte". Erickson versuchte, den Klienten in seiner persönlichen "Realitätskonstruktion", in seiner individuellen inneren Welt von Einstellungen, Werten, subjektiven Erfahrungen und Interpretationen zu verstehen und zu begegnen. Und er war sehr erfolgreich darin!
Ericksons Kreativität in der Wahrnehmung von Details, im Umgang mit allen Botschaften des Klienten, im strategischem Denken und psychotherapeutischen Handeln ermöglichte es ihm, dem Klienten in seiner subjektiven Welt zu begegnen und somit manchmal schnelle und gewissermaßen genial-einfache Lösungen oder Wege zur Veränderung zu finden.
Hypnose ist ein traditionelles Verfahren, das in vielen Kulturen für Heilzwecke verwendet wird. Gleichzeitig ist es eine moderne Heilmethode, die wissenschaftlich gut untersucht ist. Klinische Hypnose/Hypnotherapie wurde vor allem durch die innovativen Entwicklungen und Anwendungen des amerikanischen Psychiaters Milton H. Erickson erweitert und geht über das Stadium von Entspannungsinduktion und Suggestionsbehandlung weit hinaus. Moderne Hypnose gilt als ressourcenorientierter Ansatz, der es PatientInnen erlaubt, körperlichen Symptomen und psychischen Problemen mit positiven Erfahrungen und eigenen Bewältigungskompetenzen zu begegnen.
Hypnotherapie ist gekennzeichnet durch eine flexible Nutzung verschiedener Ebenen der Informationsverarbeitung, wobei unwillkürliche Prozesse, z.B. intuitive, ganzheitliche und bildhafte Reaktionen in der Trance (Trancephänomene) aktiviert und für die Therapie genutzt werden. Die Kommunikation mit dem Unbewussten als einer inneren Instanz (Therapeutisches Tertium) ermöglicht ein Verstehen und Verändern der Symptomatik. Unbewusste Ressourcen, z.B. als Imaginationen oder innere Teile (Ego-States) werden somit zur Problemlösung und zur Unterbrechung dysfunktionaler Muster, letztendlich zur Veränderung des Selbst verwendet. Als erfahrungsorientierte Therapieform bezieht Hypnotherapie körperliche und seelische Prozesse ein und kann damit als Brücke zwischen Körper und Seele verstanden werden. Das Arbeiten mit Hypnose impliziert den Umgang mit einer besonderen, intensiven Form der therapeutischen Beziehung und ist damit mehr als eine therapeutische Strategie. Moderne Hypnotherapie stützt sich auf allgemeinpsychologische Erkenntnisse und setzt therapeutische Kompetenz voraus.
Hypnotherapie ist als integratives Verfahren gut mit anderen Psychotherapeutischen Ansätzen kombinierbar.
Im medizinischen Kontext gibt es vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, z.B. bei Schmerzen, in der Psychosomatik (Reizdarm, Blutdruck), in der Geburtsvorbereitung, in der Rehabilitation (Schlaganfälle), bei ärztlichen Untersuchungen oder Eingriffen. Zudem haben sich aus der Hypnotherapie abgeleitete Kommunikationsstrategien sowohl im Mentaltraining von Sportlern und Künstlern, als auch im Coaching von z.B. SchülerInnen mit Leistungsproblemen bewährt.
Die Induktion einer hypnotischen Trance beginnt mit der Anleitung, die Aufmerksamkeit zunehmend zu konzentrieren und nach innen zu richten. In der Trance nimmt die Patientin innere Bilder, Erinnerungen und Gefühle intensiver wahr. Gleichzeitig können störende Wahrnehmungen, z.B. Geräusche, oder unangenehme Empfindungen, leichter ausgeblendet werden. Es entsteht ein subjektiv veränderter Bewusstseinszustand, in dem das Individuum sich sowohl losgelöst von der Umgebung als auch auf besondere Art verbunden erleben kann.
Dieser Bewusstseinszustand in der hypnotischen Trance ist mit deutlichen Veränderungen im Körper und Gehirn verbunden und kann von Schlaf und vom Alltagsbewusstsein unterschieden werden. Das therapeutische Potenzial der hypnotischen Trance offenbart sich z.B. darin, dass akute Schmerzen ausgeblendet werden können, so dass ein operativer Eingriff ohne Anästhetikum möglich ist.
Hypnotische Reaktionen sind nicht mit Kooperation und Placeboeffekten zu verwechseln, sondern es handelt sich um eigene Mechanismen, wie vielfach nachgewiesen wurde.
Absolut eindeutige Befunde für einen Trancezustand sind noch nicht vorhanden. Die veränderte Arbeitsweise des Gehirns unter Hypnose lässt sich neurophysiologisch jedoch meist durch vermehrt langsame Hirnwellen und eine Aktivierung von Bereichen der Hirnrinde und des Mittelhirns belegen, die für Aufmerksamkeitssteuerung, Wahrnehmung und mentale Entspannung zuständig sind. In der hypnotischen Trance werden Lern- und Erinnerungsprozesse außerhalb der bewussten Wahrnehmung angesprochen und die bildliche Verarbeitung gefördert. Die imaginierten Bilder gewinnen in Trance innere Realität.
Bekannt ist der generelle Entspannungseffekt der Hypnose. Auch ihr positiver Einfluss auf die Immunfunktionen konnte vielfach nachgewiesen werden. Das wird in klinischen Studien zur Rückbildung von Herpes und Warzen deutlich und auch bei der Aufrechterhaltung der Immunkompetenz unter Stress. In Laborstudien wurde gezeigt, dass es unter Hypnose zum Anstieg der Konzentration von Leukozyten und anderen Immunparametern kommt. Die unwillkürlichen Reaktionen des Organismus in Trance wie die Handlevitation machen dem Patienten deutlich, dass Veränderungen unabhängig von seinem bewussten Denken stattfinden können.
In der Trance erfolgt die Informationsverarbeitung weniger rational analysierend und reflektierend, sondern eher ganzheitlich, bildhaft, assoziativ, intuitiv. Die Patientin ist absorbiert im inneren Erleben (Assoziation) oder kann sich spontan von belastenden Erfahrungen distanzieren (Dissoziation). Sie nimmt eine kindlich kreative Lernhaltung ein und ist empfänglicher für Suggestionen, Bilder und Metaphern der Therapeutin. Erinnerungen aus dem Langzeitgedächtnis sind leichter verfügbar.
Die Wirksamkeit Klinischer Hypnose ist in über 200 empirischen Studien für zahlreiche Krankheitsbilder, Verhaltensstörungen und medizinische Probleme nachgewiesen. Besonders erfolgreich ist der therapeutische Einsatz von Hypnose bei allen Angst- und Belastungsstörungen, Anpassungsstörungen, Ess-Störungen und Suchtverhalten (besonders Nikotinabusus), psychosomatischen Problemen (z.B. Migräne, Schlafstörungen, Allergien, Neurodermitis), somatoformen Störungen (z.B. Reizdarm), somatischen Leiden (z.B. Herpes, Warzen), akutem Schmerz (z.B. Geburt, Operationen, Zahnmedizin) und chronischem Schmerz (z.B. Tumorerkrankungen, Arthritis).
>> Hier finden sie weitere Informationen.
Unser Dachverband, die MEG
Die Milton Erickson Gesellschaft verbreitet die Hypnose-Ansätze von Milton Erickson. Sie engagiert sich hinsichtlich der Forschung und Aufklärung bzgl. seriöser und moderner Hypnose. Hierzu stellt sie z.B. gemeinsam mit weiteren seriösen Hypnoseverbänden vielfältige Informationen für Fachleute und Laien zur Verfügung. https://hypnose.de
Weiterhin organisiert die MEG einen Fachaustausch, an dem mittlerweile über 4000 Hypnotherapeut:innen und Berater:innen per Mail teilnehmen. Hier können Fachleute sich kostenfrei anmelden: https://www.meg-hypnose.de/fachaustausch
Weitere Angebote der MEG wie z.B. eine Therapeut:innenliste, Informationen zur Anerkennung durch den wissenschaftlichen Beirat, Publikationslisten u.w. finden Sie auf der Homepage www.meg-hypnose.de
Die kostenfreie Zeitschrift der MEG mit vielen Informationen, Methoden und Reflektionen zum Thema Hypnose lesen Sie hier: https://megaphon.meg-hypnose.de/
Den Newsletter erhalten Sie über folgenden Link: https://www.meg-hypnose.de/newsletter/
Die Werte und Vorgehensweisen der MEG als Verband spiegeln sich in Ihrer Ethikrichtlinie. Alle der MEG Angehörigen sind zu Ihrer Einhaltung verpflichtet. Die Ethkrichtlinie der MEG finden Sie hier.
Wer Mitglied des Verbandes werden und bei der Anmeldung zu MEG-Fortbildungen sparen möchte, ist herzlich willkommen und eingeladen, der MEG beizutreten: https://www.meg-hypnose.de/mitgliedschaft/
Die MEG ist Mitglied im größten weltweiten Hypnoseverband, der International Society of Hypnosis. Informationen über diesen Verband und seine Angebote finden Sie hier https://www.ishhypnosis.org
Geschichte der Regionalstelle
Die Regionalstelle Frankfurt der MEG wurde 1989 von Ulrich Freund gegründet. 1999 holte er Manfred Prior mit „ins Boot“. Nach Jahren fruchtbarer Zusammenarbeit hat sich Ulrich Freund seit 2005 aus der Leitung der Regionalstelle zurückgezogen. Seit 2020 wird die Regionalstelle Frankfurt als erweiterte Regionalstelle Frankfurt-Gießen von Frauke Niehues und Manfred Prior gemeinsam geleitet.