Hypnose und MEG


Ethik-Richtlinie der Milton Erickson Gesellschaft für klinische Hypnose e.V. (MEG)

Präambel

Ethische Richtlinien eines Fachverbandes unterstützen die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung. Sie fördern den innerverbandlichen Diskurs über Ethik im Allgemeinen und ethisch vertretbares professionelles Handeln im Speziellen. Sie sorgen auf diese Weise für den Schutz der Patient*innen und Klient*innen vor unethischem Verhalten. Sie bieten eine Grundlage für die Klärung von Beschwerden und Konflikten. Die Milton Erickson Gesellschaft für Klinische Hypnose e.V. (MEG) und ihre Mitglieder nehmen sich als Akteure in gesellschaftlichen Zusammenhängen wahr, die bewusst Einfluss nehmen sowohl auf die Weiterentwicklung von fachlichen Standards wie auf sozial-, gesundheits- und gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit. Sie sind sich bewusst, dass auch in diesen Bereichen sowohl Handeln wie Nichthandeln seine Konsequenzen hat.

§ 1 Geltung

(1) Die Ethik-Richtlinie der Milton Erickson Gesellschaft gilt für alle

a) Mitglieder und Organe,
b) Kursleiter*innen, Ausbilder*innen und Regionalstellenleiter*innen
c) Fort- und (ab Inkrafttreten entsprechender Weiterbildungsordnungen)
Weiterbildungsteilnehmer*innen, Besucher*innen von Veranstaltungen
d) sowie Inhaber*innen von Zertifikaten

der MEG.

(2) Alle in Abs. 1 Genannten verpflichten sich, die Regelungen dieser Richtlinie zu beachten und das eigene Verhalten danach auszurichten. Soweit auch Personen angesprochen sind, die nicht Mitglieder des Vereins sind, erfolgt eine gesonderte Verpflichtung dieser Personen auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung, beispielsweise bei Anmeldung zu einer Veranstaltung oder einem Kurs der MEG. Die Mitarbeiter*innen der Geschäftsstelle der MEG, die Regionalstellenleiter*innen – und sofern durch diese nicht geregelt – auch die Kursleiter*innen tragen dafür Sorge, dass die Personen nach Absatz 1 lit. c) zur Einhaltung der Regelungen dieser Richtlinie verpflichtet werden, und zwar auch für den Zeitraum nach Ende der Fort- oder Weiterbildung.

(3) Wenn nachfolgend „Mitglieder der MEG“ angesprochen sind, so sind damit alle in Absatz 1 Genannten gemeint.

(4) Wird einem der in Abs. 1 Genannten ein möglicher Verstoß gegen die EthikRichtlinie bekannt, ist er berechtigt und verpflichtet, den Ethik-Beirat über den Seite 2 möglichen Verstoß zu informieren. Werden dem Ethik-Beirat der MEG mögliche Verstöße gegen diese Richtlinie bekannt, ist er verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären und mögliche Verstöße zu überprüfen. Die in Abs. 1 genannten Personen sind dem Ethik-Beirat diesbezüglich zur Auskunft verpflichtet.

(5) Verstöße gegen die Ethik-Richtlinie können unter Berücksichtigung der Schwere des Verstoßes vom Vorstand des Vereins mit einer Rüge oder dem Ausschluss aus dem Verein oder mit Ausschluss von einem Kurs oder einer Veranstaltung der MEG oder mit Entzug eines bereits erworbenen Zertifikats geahndet werden. Im Falle des Entzugs darf von einem Zertifikat kein Gebrauch mehr gemacht werden.

§ 2 Haltung

(1) Qualitäts- und Prozess-Grundlage hypnotherapeutischer Arbeitsansätze bildet ein Menschenbild, das durch Milton Ericksons Arbeit definiert wurde und sich durch grundlegenden Respekt vor der Autonomie des Individuums und einer hohen Bewertung der Beziehungsgestaltung, die durch Wertschätzung gegenüber einzelnen Personen, ihren Weltbildern, ihren kulturellen und sie umgebenden Systembesonderheiten und vor allem ihren jeweils reichen unbewussten Ressourcen geprägt ist. Hypnotherapie ermöglicht es explizit, diese individuellen unbewussten Ressourcen für die Patient*innen bzw. Klient*innen im therapeutischen Kontext zugänglich und nutzbar zu machen. Dies geschieht nach dem neuesten Stand des Wissens.

(2) Hypnotherapie unterstützt und beschleunigt dabei andere Psychotherapieverfahren und macht sie damit erfolgreicher. Auch ist die Hypnotherapie im Sinne des Erickson‘schen Ansatzes immer auch ein Verfahren, das Wachstum und Reifung auf persönlichen wie sozialen Ebenen zum Ziel hat, und versteht sich dadurch als emanzipatorisch.

§ 3 Transparenz

Jeder professionelle Kontakt, ob einmalig oder fortlaufend, wird von Beginn an klar und transparent gestaltet. Je nach Situation wird die größtmögliche Klarheit hergestellt, z. B. über den Auftraggeber, über Inhalt und Dauer des Angebots, über die Kosten und die Möglichkeiten der Finanzierung, über Erfolgs- und Abbruchkriterien sowie über gesellschaftliche, institutionelle oder persönliche Interessen, die die Zusammenarbeit beeinflussen. Der Ausbildungshintergrund der Behandler*innen und deren Qualifikation/Berechtigung zur Durchführung der Hypnotherapie/Beratung muss den Patient*innen/Klient*innen gegenüber transparent gemacht werden.

§ 4 Berufsethische Standards, Diskriminierungsverbot

(1) Die jeweiligen berufsethischen Standards der Berufsordnungen der Landespsychotherapeutenkammern und der Landesärztekammern sind selbstverständliche Basis für die hypnotherapeutische Praxis. Dabei ist stets Seite 3 den Besonderheiten der hypnotherapeutischen Behandlung Rechnung zu tragen.

(2) Vor diesem Hintergrund werden Unterschiede wie Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft, Kultur, Status, sexuelle Orientierung, Weltanschauung und Religion als mögliche Themen im professionellen Handeln wahrgenommen und als potenzielle Möglichkeit gesehen, diese Unterschiede für den therapeutischen Prozess als mögliche Ressource zu utilisieren und nutzbar zu machen.

Benachteiligungen aufgrund dieser Unterschiede sind für die Milton Erickson Gesellschaft nicht akzeptabel.

Mitglieder der MEG sind sich bewusst, dass ihr Handeln und Verhalten von ihren eigenen Normen und Werten geprägt ist. Sie reflektieren diese, um die Gefahr zu verringern, diese dem Gegenüber in ihrer Arbeit aufzudrängen (z. B. in Schwangerschaftskonfliktberatungen, in der Arbeit mit Angehörigen anderer Kulturen oder Schichten). Mitglieder der MEG handeln im Bewusstsein, dass die eigenen Normen und Werte immer von der geschlechtsspezifischen Sichtweise geprägt sind, und achten auf die Gleichbehandlung der Geschlechter.

(3) Mitglieder der MEG sind sich des strukturellen Machtgefälles zwischen Therapeut*in/Berater*in und Klient*innen/Patient*innen bewusst. Sie verpflichten sich zu einem verantwortungsvollen Umgang mit diesem besonderen Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis und missbrauchen es nicht zur Befriedigung persönlicher, finanzieller, emotionaler oder sexueller Interessen.

§ 5 Fort-/Weiterbildung und Supervision

Im Interesse der Erhaltung und Weiterentwicklung einer entsprechenden fachlichen Kompetenz verpflichten sich die Mitglieder der MEG zu kritischer Selbstreflexion, zu regelmäßiger Reflexion der eigenen Tätigkeit unter fachkundiger Außenhilfe und zu regelmäßiger Fortbildung. Es ist wünschenswert, dass die dazu genutzten Fort- bzw. Weiterbildungsbildungsveranstaltungen für die jeweiligen Tätigkeitsfelder und Bereiche von Institutionen anerkannt/akkreditiert sind, die dem Gemeinwohl verpflichtet sind (z. B. Staat, Kammern, Hochschulen).

§ 6 Zum Umgang mit Proband*innen bei Demonstrationen

(1) Im Umgang mit Proband*innen, die sich zu Demonstrationszwecken zur Verfügung stellen, etwa in Kursen und Fort-/Weiterbildungsveranstaltungen, auf Kongressen oder bei zur Veröffentlichung vorgesehenen Aufzeichnungen, gelten sinngemäß dieselben Richtlinien wie im Umgang mit Klient*innen bzw. Patient*innen. Insbesondere steht auch hier jederzeit das Wohl der Proband*innen an erster Stelle.

(2) Vor jeder Demonstration holen die Demonstrationsleiter*innen eine schriftliche Einwilligung der Proband*innen ein. Die Einwilligung kann auch bereits auf dem Anmeldeformular vorab eingeholt werden.

(3) Demonstrationsleiter*innen, die nicht Mitglied des Vereins sind, verpflichten sich vertraglich zur Einhaltung der Regelungen dieser Richtlinie.

(4) Demonstrationsleiter*innen sind sich bewusst, dass sich ihre Proband*innen während und im Anschluss an eine Demonstration in einem erhöht vulnerablen Zustand befinden. Daher schützen sie ihre Proband*innen in dieser Zeit besonders, z. B. indem sie deren Selbstoffenbarung soweit wie möglich auf das Demonstrationsziel begrenzen und die Proband*innen gegen möglicherweise kritisierende oder herabwürdigender Kommentare anderer Beteiligter in Schutz nehmen.

(5) Interventionen, die direkt oder indirekt selbst- oder fremdschädigende Verhaltensweisen begünstigen, werden generell unterlassen.

(6) Alle an einer Demonstration Beteiligten sind in Analogie zu den entsprechenden berufsrechtlichen Regelungen zur Verschwiegenheit verpflichtet über das, was ihnen im Zusammenhang mit der Demonstration anvertraut und bekannt geworden ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf persönliche Äußerungen von Proband*innen.

(7) Bild- und/oder Tonmitschnitte von Demonstrationen oder Therapieübungen ohne schriftliche Zustimmung aller Beteiligten sind generell nicht gestattet. Sollen Bild- und/oder Tonaufnahmen von der Demonstration gefertigt werden, gelten neben den allgemeinen gesetzlichen Vorgaben, insbesondere den einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen, und unter Berücksichtigung des hier besonders betroffenen Persönlichkeitsrechts der Proband*innen die nachfolgenden Regelungen:

a) Vor Erteilung der Einwilligung sind die Proband*innen im Wege einer abschließenden Aufzählung über die vorgesehene Nutzung des Materials und über den Kreis der möglichen Nutzer schriftlich zu informieren. Die Einwilligung der Proband*innen in die Aufnahmen und die Einverständniserklärung der Proband*innen über die Nutzung und Verwendung der Aufnahmen sind in Schriftform einzuholen.

b) Die pauschale Abtretung aller Rechte an den Aufnahmen ohne nähere Beschreibung der vorgesehenen Nutzung ist nicht statthaft.

c) Soweit mit dem Zweck der Demonstration vereinbar, stellen die Demonstrationsleiter*innen inhaltlich und organisatorisch größtmögliche Anonymität sicher, z. B. durch Positionierung der Proband*innen mit dem Rücken zur Kamera.

d) Die Proband*innen kritisierende oder herabwürdigende Kommentare im Sinne von Abs. 5 sind vor einer Veröffentlichung des Materials zu entfernen, anderenfalls erlischt die Nutzungserlaubnis.

e) Im Übrigen gelten auch für sonstige Teilnehmer*innen an der Demonstration die allgemeinen Regeln, insbesondere diejenigen betreffend das Recht am eigenen Bild.

 

§ 7 Zum Umgang mit Fort- und Weiterbildungsteilnehmer*innen

(1) Fort- und Weiterbildungsteilnehmer*innen willigen grundsätzlich ein, dass sie in den praktischen Seminaren die Rollen als Therapeut*in, Klient*in und Beobachter*in übernehmen werden, weil sonst eine erfolgreiche Weiterbildung nicht möglich ist. Fort- und Weiterbildungsteilnehmer*innen sind jedoch berechtigt, in besonderen Einzelfällen die Beteiligung an diesen Rollen ohne inhaltliche Begründung abzulehnen.

(2) Fort- und Weiterbildungsteilnehmer*innen werden darauf hingewiesen, dass Bild- oder Tonaufnahmen nur erlaubt sind, wenn sie von allen Aufgenommenen schriftlich genehmigt werden. Sollte eine aufgenommene Person im Nachhinein der Aufnahme widersprechen, kann sie ohne Angabe von Gründen bis zum Seminarende deren Löschung verlangen.

(3) Die erstellten Aufnahmen dürfen von den Fort- und Weiterbildungsteilnehmer*innen nur zur persönlichen Nutzung im Rahmen der aktuellen Weiterbildung verwendet werden. Ihre weitere Verbreitung ist untersagt. Im Übrigen gilt § 6 Abs. 7 lit. e) entsprechend.

(4) Die Verschwiegenheitsverpflichtung gem. § 6 Abs. 7 gilt entsprechend

§ 8 Werbung

(1) Veröffentlichte Informationen zu Seminaren und Therapiemethoden müssen den jeweiligen Wissensstand zu der Thematik widerspiegeln. Sie erfolgen faktenbezogen und wecken keine falschen oder unrealistischen Erwartungen.

(2) Außer mit einem erworbenen Zertifikat darf mit der Teilnahme an einzelnen Kursen oder nicht abgeschlossenen Kursreihen der MEG nicht geworben werden.

§ 9 Wissenschaftliche Projekte

(1) Bei wissenschaftlichen Projekten verpflichten sich die beteiligten MEGMitglieder, die Ethikrichtlinien der MEG sinngemäß umzusetzen.

(2) Bei Unklarheiten gelten die Regeln derjenigen Ethikkommission, die die betreffende Forschung begleitet.

§ 10 Arbeitsgrundlagen des Ethikbeirates

(1) Bei Fragen oder Beschwerden bezüglich ethischer Fragestellungen können sich Betroffene jederzeit über die Geschäftsstelle der MEG in München an den Ethikbeirat wenden

(2) Der Ethikbeirat wird bei ethikbezogenen Fragestellungen vom Vorstand beratend hinzugezogen. Er kann darüber hinaus von sich aus tätig werden und ethikbezogene Vorschläge und Eingaben dem Vorstand zur Abstimmung vorlegen.

 

München, im Juni 2023